Dystopie Filmtipp: „Snowpiercer“

Snowpiercer - Dystopie - Baltic sea winter landscape (Quelle Shutterstock 174495545)

Wenn die Menschheit in Schwierigkeiten steckt, ist oft der einfachste Lösungsweg gedanklich recht nah. Im Film „Snowpiercer“, einer Dystopie, ist die schnelle Lösung des Problems der Erderwärmung ein Klimagas namens CW7, das die Erde abkühlen soll. Dieses wird 2014 ausgebracht, hat jedoch eine kleine Nebenwirkung. Die Erderwärmung ist gestoppt, allerdings ist eine globale Eiszeit das Ergebnis dieses unüberlegten Vorgehens.

Die Menschheit stirbt bis auf einige wenige (ca. 1.000 Personen), die sich auf den Schneekreuzer retten können. Nun ist die einzige Zukunft der Menschheit ein Zug, der dank eines interkontinentalen Schienennetzes weltweit zwischen den Kontinenten verkehren kann. Angetrieben von einem Perpetuum Mobile reist er durch die Welt. Er kann nicht stoppen, er kann nur fahren.

Wer einen Platz im Zug ergattern konnte, hat Glück und überlebt.

Aber was ist das für ein Leben, wenn man entweder vorn in der 1. Klasse dem Luxus frönt oder hinten als Passagier der 2. Klasse dem täglichen Überlebenskampf ausgesetzt ist?

Im Zug wird Leben geboren und Leben genommen. Seit 17 Jahren fährt dieser Zug, und es ist kein Ende in Sicht.

Der Zug selbst bietet seinen Passagieren nur dann eine Zukunft, wenn alle Elemente „wie Nahrung, Leben und Wasser ausbalanciert sind“. Um das zu schaffen, bedarf es eines Dirigenten, der das „Gleichgewicht“ im Blick hat und die Protagonisten steuert.

Die Passagiere als „Kunden“ des Dirigenten hingegen brauchen Aussichten auf eine lebenswerte Zukunft. Der Dirigent nutzt für beide Passagierklassen Helden und Feindbilder. Unerfüllte Sehnsüchte, Ängste und Hoffnungen. Dafür braucht er Geschichtenerzähler, Anführer, Botschafter und Entscheider, die er steuern kann, damit langfristig nichts aus der Bahn kommt, solange das Ende der Eiszeit nicht in Sicht ist.

Die Passagiere hinten träumen von den kleinen Dingen im Leben. Endlich mal wieder ein Steak essen oder eine Zigarette rauchen. Endlich nicht beherrscht werden, endlich nicht mehr täglich Angst und Furcht erleiden zu müssen. Sie wollen ein besseres Leben.

Die Passagiere vorn müssen hingegen ihr Leben mit Spannung füllen. Alles ist vorhanden. Ob Musik, ein Spa-Bereich oder Drogen, um den Alltag zu vergessen. Aber natürlich reicht das nicht, um das Leben mit Sinn zu erfüllen.

Der Film des koreanischen Regisseurs Bong Joon-ho basiert auf dem von Jacques Lob, Benjamin Legrand und Jean-Marc im Jahr 1983 geschaffenen französischen Cartoon „Le Transperce“. Diesmal spielt die Dystopie nicht auf einer verseuchten Erde, sondern im Mikrokosmos Zug. Im Originalcomic ist dieser Zug übertrieben lang (über eintausend Wagen), im Film ist er etwas kürzer.

„Snowpiercer“ ist mein persönlicher Dystopie-Filmtipp für den April. (PS: Nur für Hartgesottene!) Mich stimmte er sehr nachdenklich.

Haben wir wirklich unsere Zukunft selbst im Griff? Oder sind es andere und wir nur die Marionetten?

Drei Wochen, nachdem ich „Snowpiercer“ gesehen habe, besteht bei mir immer noch Diskussionsbedarf.

PS: Wer möchte, kann bei uns in der Berliner Partnerniederlassung der Advanced Foresight Group natürlich auch im Originalcomic schmökern.

Bildquelle: Baltic Sea, Shutterstock Bildnummer:174495545 Urheberrecht: Levranii

André Winzer studierte Internationale Betriebswirtschaftslehre an der Europa Universität Viadrina Frankfurt (Oder) und an der Jönköping International Business School (JIBS) mit dem Schwerpunkt Internationales Management. In seiner beruflichen Vergangenheit sammelte er Erfahrungen beim schwedischen Business Inkubator Creative Center, dem indischen Open Source Start-Up Azri Technologies sowie als Technology Exploration Scout bei den Telekom Innovation Laboratories (T-Labs) in Berlin. Im Jahre 2006 gründete er die Schaltzeit GmbH die sich seit mittlerweile 10 Jahren mit dem Thema Innovation und Strategic Foresight auseinandersetzt. Er ist Mitbegründer der Advanced Foresight Group, Mitglied des Netzwerks für Zukunftsforschung und des Kapitel 21 der Ernst Reuter Gesellschaft. Seit mehr 3 Jahren ist er beratend für das Fraunhofer IAO Innovationsnetzwerk Produktionsarbeit 4.0 tätig.